Später Hurrikan "Nicole" bedroht die Ostküste der USA

Aktuell befindet sich Hurrikan "Nicole" im Bereich der nördlichen Bahamas und nimmt Kurs auf Florida. Was auf die Bewohner der US-Ostküste zukommt und was "Nicole" so besonders macht, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Bereits am vergangenen Freitag, dem 4. November, kam es im Bereich des nördlichen Karibischen Meeres und dem mittleren Westatlantik zu einer Tiefdruckentwicklung (in Fachkreisen auch Zyklogenese genannt), die vom "National Hurricane Center" (kurz: NHC) der USA aufmerksam verfolgt wurde. Am Folgetag, dem 5. November; entwickelten sich dann knapp nördlich von Puerto Rico verstärkt Schauer und Gewitter, die jedoch nicht allzu organisiert daherkamen. Allerdings sollte ein feuchter Zustrom aus der Karibik und das noch sehr warme Oberflächenwasser für eine zunehmende Organisation des Systems sorgen. Die Entwicklung verstärkte sich und so wurde das System am Montag, dem 7. November, schließlich als subtropischer Sturm "Nicole" getauft. Da sich die Konvektion am gestrigen Dienstag insbesondere im Kernbereich von "Nicole" noch einmal verstärkte und das System tropische Züge aufwies, wurde es als "tropischer Sturm" eingestuft.

Aktuell (Stand: 9. November, 14 Uhr) liegt der Kern von "Nicole" im Bereich der nördlichen Bahamas, für die bereits eine Hurrikan-Warnung ausgegeben wurde. Diese gilt auch für nahezu die gesamte Ostküste Floridas, denn "Nicole" bewegt sich westwärts und soll Florida voraussichtlich in den Frühstunden des Donnerstags als Wirbelsturm der Kategorie 1 (nach der Saffir-Simpson-Skala) erreichen. Der Landgang erfolgt den Wettermodellen zufolge knapp nördlich von West Palm Beach.

Bereits in diesen Stunden ziehen die ersten Schauer im Südwesten Floridas auf, in den Küstenregionen legt der Wind bereits zu. Im Laufe der kommenden Nacht verstärken sich die Wettererscheinungen weiter. Dann muss zunehmend mit Böen bis Orkanstärke gerechnet werden. Der starke Wind "drückt" auch die Wassermassen an der Meeresoberfläche in Richtung Florida, weswegen eine Sturmflut möglich ist. Zudem werden die hohen Wellen noch durch die aktuelle Mondphase unterstützt bzw. erhöht. Auch was sintflutartige Regenfälle angeht, hat "Nicole" einiges im Gepäck. In Florida werden recht verbreitet Niederschläge von 50 bis 100 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden von den Wettermodellen simuliert, lokal können diese auch noch deutlich höher ausfallen. Zwar wird sich "Nicole" nicht ganz so schnell und heftig entwickeln wie Hurrikan "Ian", der Ende September in Florida für erhebliche Schäden sorgte. Dennoch sollten die Auswirkungen wie Überschwemmungen und Sturmschäden nicht unterschätzt werden, insbesondere in den auch von "Ian" getroffenen Regionen.

Aber nicht nur der US-Staat Florida bekommt "Nicole" zu spüren. Über Florida schwächt sich der Wirbelsturm am Donnerstag zwar etwas ab und wird "nur" noch als "tropischer Sturm" geführt, dreht aber nach Norden hin ab und wird am Freitag als "tropische Depression" über Georgia hinweg bis nach Virginia ziehen. Dabei werden weitere heftige Starkregenfälle und Sturmböen erwartet. In der Nacht zum Samstag erreicht das System dann unter weiterer Abschwächung voraussichtlich auch die Ostküste Kanadas.

Was macht "Nicole" nun aber so besonders? Mit der Entwicklung von "Nicole" bildeten sich in diesem November gleich drei Hurrikans im Atlantik, was zuvor nur im Jahr 2001 der Fall war. Sollten die Vorhersagen recht behalten und "Nicole" als Hurrikan auf Florida treffen, wäre es der zweitspäteste Hurrikan, der die kontinentale USA trifft. Lediglich Hurrikan "Kate" war als Kategorie-2-Wirbelsturm im 22. November 1985 etwas später dran, als dieser im nordwestlichen Florida (dem sogenannten "Florida Panhandle") auf Land traf. An der Ostküste Floridas wäre "Nicole" sogar der späteste jemals registrierte Wirbelsturm, der dort auf Land traf.


MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.11.2022

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