"NADIAs" Reise und "Maliks" Hinterlassenschaften

Während in den letzten beiden Themen des Tages das Orkantief NADIA und seine Auswirkungen prognostisch beschrieben wurden, also quasi mit der "Zukunfts-Brille" auf der Nase, soll heute, nachdem das Sturmfeld so gut wie abgezogen ist, etwas anderes in den Fokus rücken: Eine Nachlese.

Die Reise von NADIA begann mit ihrer Geburt am vergangenen Dienstag vor der US-Ostküste. Von dort begab sie sich über den Nordatlantik Richtung Europa, erreichte am Freitag Island, zog über Skandinavien hinweg und befindet sich nun im Baltikum.

Bereits Samstagvormittag machte sie sich in Deutschland mit ersten Sturmböen an der Küste bemerkbar (so wurde beispielsweise pünktlich zum mittäglichen Fischbrötchen-Vesper um 12 Uhr eine schwere Sturmböe von 98 km/h am Kieler Leuchtturm registriert).

Aber NADIA, die vom dänischen Wetterdienst eine Namens- und Geschlechtsumwandlung erfuhr und fortan für die internationale Tribüne auf "Malik" getauft wurde, war damit noch nicht am Ende. Sie (oder er?) holte noch einmal tief Luft und bescherte uns ein Sturmfeld, das sich am gestrigen Samstag vom Nordwesten und Norden in den Osten des Landes ausbreitete.

Am heftigsten war das Orkantief an Nord- und Ostseeküste, bzw. auf den Inseln spürbar: Auf Hallig Hooge wurde eine Orkanböe von 127 km/h gemessen, Glücksburg und die Greifswalder Oie meldeten 119 km/h und auch auf Sylt, Fehmarn und in St. Peter-Ording konnten sich die Urlauber bei 112-118 km/h einen etwas kräftigeren Wind als sonst durch die Haare pusten lassen.
Jetzt mag manch Leser vielleicht denken: "Ach, eine steife Brise sind die Norddeutschen doch eh gewohnt - Sturm ist erst, wenn die Schafe auf dem Deich keine Locken mehr haben?", ABER: NADIA aka Malik zeigte auch im Landesinneren, dass sie kein 08/15-Tief war.

Zwischen Hamburg und Berlin sorgten einige schwere Sturmböen um 100 km/h für hunderte Einsätze der Feuerwehr. Allein in Hamburg (die Messstation Hamburg-Finkenwerder meldete 109 km/h), wo eine Sturmflut den Fischmarkt flutete, gab es rund 300 Einsätze. Aber auch in anderen Städten Schleswig-Holsteins, Niedersachsens, Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs tobte der Sturm und führte zu zahlreich abgeknickten Ästen, entwurzelte Bäumen und Problemen im Bahnverkehr.

Den Vogel abgeschossen haben übrigens zwei Leuchttürme: Die Messstationen der exponierten Leuchttürme der Alten Weser (Nordsee) und Kiel (Ostsee) lieferten Maximalwerte von über 140 km/h. Wenn zu diesem Zeitpunkt dort Schafe verweilt hätten, wären diese anschließend bestimmt lockenlos gewesen.

Während NADIA bereits weiter Richtung Osteuropa gezogen und ihre Geschichte bei uns so gut wie beendet ist, steht schon ein neues Tief in den Startlöchern: ODETTE (int. Corrie) versucht am morgigen Montag in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin zu treten, was jedoch nur bedingt gelingt. So sind zwar insbesondere in der Südwesthälfte Sturmböen möglich, ein so verbreitetes Sturmfeld mit schweren Sturmböen oder gar orkanartigen Böen wie NADIA hat ODETTE allerdings nicht zu bieten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.01.2022

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