Zonale Bedingungen auf dem Atlantik

Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit der aktuell vorherrschenden zonalen Wetterkonstellation auf dem Atlantik.

Schon seit einigen Tagen bringt eine lebhafte westliche Strömung recht kühle Luftmassen vom Atlantik nicht nur nach Deutschland, sondern auch in weite Teile West- Mittel- und Südeuropas. Eine solche Konstellation wird als "zonal" bezeichnet, ein Begriff, der auch hier im Thema des Tages häufiger Verwendung findet. Aktuell zeigen sich entsprechende Muster auf weiten Teilen des Nordatlantiks, wie der beigefügten Grafik zu entnehmen ist
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/5/16.html).

Im oberen Teil besagter Grafik ist der von West nach Ost wehende Jet (Starkwindfeld) in ca. 9 km Höhe dargestellt. Dieses Band scheint fast am 45ten Breitengrad (Nord) "festgetackert" zu sein. Nur sehr schwache wellenförmige Muster lassen sich bei genauem Hinsehen ausmachen. Das ist schon lehrbuchmäßige Zonalität. Dabei liegen die Windgeschwindigkeiten teils über 140 km/h, erst über dem europäischen Festland wird der Jet schwächer.

In der Bildmitte ist dagegen das Geopotenzial in etwa 5,5 km Höhe abgebildet. Erläuterungen zum Geopotenzial finden Sie u.a. im Thema des Tages vom 12.8.2020
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/8/12.html). Die Linien gleichen Geopotentials (Isohypsen) lassen sich in sehr guter Näherung als Approximation für den zonalen Wind heranziehen, wobei der Wind weitgehend parallel zu den Isohypsen weht (schwarze Pfeile). In der vorherrschenden Wettersituation hat also auch der Wind in 5,5 km Höhe eine westliche Grundkomponente - allerdings regional mit einem leichten südliche Einschlag.

Der untere Teil der Grafik zeigt dann den Wind in ca. 1,5 km Höhe. Erneut ist die westliche Grundkomponente deutlich auszumachen. Allerdings mäandriert die Strömung stärker, als dies in 5,5 km Höhe der Fall ist - und zu der über dem Atlantik "eingekreuzten" südlichen Windkomponente ist westlich der Bretagne sogar eine schwache nördliche zu erkennen.

Für alle drei hier dargestellten Höhenstufen ist die lebhafteste atlantische Luftströmung in Richtung Süd- bzw. Zentralfrankreich orientiert - und damit in Richtung Alpen. Aber während der oben dargestellte Jet und der in der Mitte dargestellte Wind in 5,5 km Höhe die Alpen weitgehend ungehindert überströmen, wird der "niedertroposphärische" Wind in 1,5 km Höhe vom Alpenbogen nach Norden und Süden abgelenkt, womit die Luftmassen die Alpen umströmen. Die Folge: Im Schatten der Alpen, also in Oberitalien mit der Poebene, ist es windschwach - obwohl dies eigentlich die "Stoßrichtung" der Starkwindfelder gewesen ist (roter Kasten am rechten Rand des unteren Teils der Grafik). Stattdessen weht ein kräftig ausgeprägter "Zweig" des Windes in Richtung Korsika und Sardinien, ein anderer dagegen nach Süddeutschland hinein.

Der letztgenannte hat dann natürlich auch wieder einen Einfluss auf das Wetter im Südwesten und Süden Deutschlands. Denn dort weht der Wind in 1,5 km Höhe morgen (17.5.) deutschlandweit am stärksten. Und das bedeutet in den Gipfellagen des Südwestens stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9, ca. 60 bis 90 km/h, Feldberg im Schwarzwald eventuell sogar noch etwas mehr), während die Gipfellagen der übrigen Mittelgebirge morgen tagsüber meist noch mit steifen Böen (Bft 7, um 55 km/h) "davonkommen". Dort soll der Wind dann erst am Abend bzw. in der Nacht zum Dienstag stürmisch aufleben.

Überhaupt ist der Wind in den kommenden Tagen im Südwesten und Süden lebhafter als im Rest des Landes. Ansonsten ist das - weiterhin überwiegend zonale - Wetter recht gerecht: Schauer und Gewitter sind überall möglich, und die Tageshöchstwerte bewegen sich in einer Spanne von 12 bis 19 Grad.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.05.2021

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst