Frostiges Frühjahr

Im heutigen Tagesthema geht es um eine Zwischenbilanz des Aprils 2021 und die Halbzeitbilanz beim Frühjahr.

Oft täuscht das subjektive Empfinden über die Statistik hinweg. Doch dieses Mal trügt das Gefühl eines bisher außerordentlich kalten April nicht. Auch lassen sich seit dem Februarfrühling viele Frostnächte finden. Daher wollen wir heute gemeinsam mal etwas näher auf die Halbzeitbilanz des Frühjahres 2021 und speziell den bisherigen Aprilverlauf schauen. Die Grafiken zu allen Statistiken sind zu finden unter:
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Blicken wir zunächst auf den zweiten Frühlingsmonat. Das vieljährige Mittel (1991 bis 2020) für ganz Deutschland liegt im April bei 9°C und damit 1.6 Grad höher als noch in der Referenzperiode von 1961 bis 1990. Der besagte Monat hat sich also mit Blick auf das 30-jährige Mittel im Vergleich zu den anderen Monaten am stärksten erwärmt. Siehe dazu auch das Thema des Tages vom 24.01.2021. In diesem Jahr verläuft der April aber zumindest in Bezug auf die Temperatur eher gegen den Trend. So liegt die derzeitige Durchschnittstemperatur für Deutschland bei gerade einmal 5°C und damit 4 Grad unter dem neuen vieljährigen Mittelwert von 1991 bis 2020. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag die Durchschnittstemperatur bei 10.4 Grad und im Jahr 2018, dem bisher wärmsten April seit Aufzeichnungsbeginn, bei 12.3 Grad. Im Rekordjahr 2018 wurde in der dritten Dekade des Monats auch schon die 30 Grad Marke erreicht. Damit ist der April 2021 derzeit über 7 Grad kälter als im Rekordjahr 2018. Und noch ein anderer Vergleich: Im Vormonat März lag die deutschlandweite Durchschnittstemperatur bei 4.8°C. Bis jetzt ist der April also vergleichbar warm, wie der durchschnittlich verlaufene März 2021.
Auch wenn man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass der diesjährige zweite Frühlingsmonat zu kalt ausfällt, fehlt aber in der Bilanz noch ein halber Monat. Da wenig überraschend die zweite Aprilhälfte in aller Regel im Jahresgang wärmer ausfällt, als die erste Hälfte, muss abgewartet werden, wie groß die Zahl hinter dem Minus am Ende sein wird. Zudem zeigt ein Vergleich mit den Kälterekorden, dass es im April durchaus noch kälter sein kann. So wurde im Jahr 1917 über den gesamten(!) Monat eine Durchschnittstemperatur von gerade einmal 4.3 Grad gemessen.

Nun werfen wir nochmal einen Blick auf den bisherigen Verlauf des Frühjahres 2021 mit seinen schon zahlreichen Auf und Abs. So wurde beispielsweise nach einem kalten Start in den Frühling, am Ende des Monats März ein neuer Wärmerekord aufgestellt (31.03. Rheinau-Memprechtshofen mit 27.2 Grad). Was in diesem Jahr auffällt, ist die recht hohe Anzahl an Frosttagen (also die Tage an denen die Temperatur nachts unter den Gefrierpunkt gefallen ist). Im Mittel über ganz Deutschland wurde bisher in 20 Frühjahrsnächten Frost registriert. Die größte Anzahl ist bisher im Süden Deutschlands zu verzeichnen, wo in tiefen Lagen zum Teil schön über 25 Frosttage zusammenkommen. Die geringste Anzahl wurde bis heute im Nordwesten beobachtet (z.B. in Köln: nur 4 frostige Nächte). Schaut man sich die zurückliegenden Jahre an, so sieht man, dass in der Regel deutlich weniger Frost in den Frühlingsnächten aufgetreten ist. Dabei können insbesondere die Jahre 2019, 2017 und 2014 hervorgehoben werden.
Das letzte Jahr mit viel Nachfrost im Frühjahr war das Jahr 2013, das kälteste Frühjahr seit 1987. An vielen Stationen stammt der Rekordwert an Frühlingsfrosttagen aus eben diesem Jahr. Das gilt vor allem für die mittleren Landesteile. Anders als in diesem Jahr wurde der Großteil der Frühlingsfrosttage aber im Monat März gemessen (Platz 6 der kältesten Märzmonate seit Aufzeichnungsbeginn). Weiter Jahre mit einer großen Anzahl an Frosttagen im Frühjahr waren die Jahre 1958, 1984 oder auch 1929.

Auch wenn in den nächsten Nächten sicherlich noch der ein oder andere Frosttag zu erwarten ist, so werden die Rekordwerte an den verschiedenen Stationen aller Voraussicht nach nicht erreicht. Dennoch lässt sich festhalten, dass der Frühling 2021 in Bezug auf die Anzahl der frostigen Nächte im Vergleich zu den Vorjahren durchaus beachtlich ist.

Das es am Ende wohl nicht zu einem Spitzenplatz unter den Frühlingsmonaten mit den meisten Frostnächten reicht liegt vor allem an der sehr warmen Phase Ende März. diese brachte aber nicht nur die Statistik durcheinander, sondern auch die Natur. Die warmen Tage Ende des letzten Monats ließen die Natur nahezu explodieren, sodass viele Obstbäume schon in Blüte stehen. Die vielen Frostnächte im April sind damit Gift für viele Obstbauern. Mittlerweile belegen es auch schon einige Studien die steigende Gefahr für den Obst- und Weinbau durch Spätfröste. Die Quintessenz der Untersuchungen ist, dass durch den Klimawandel die Blüte der Obstbäume immer früher beginnt und der Obstbau dadurch trotz der Klimaerwärmung anfälliger für Spätfröste ist. Allerdings muss auch betont werden, dass es in diesen Studien noch unterschiedliche Aussagen, abhängig von der Region und der Obstsorte gibt, sodass weitere und fortlaufende Untersuchungen notwendig sind.

Für alle Wärmeliebhaber bleibt in der aktuell kalten Phase das Wissen, dass mit jedem weiteren Tag die Länge der Nächte und damit auch die Frostgefahr abnimmt. Wie schnell es manchmal gehen kann hat ja gerade der Februar dieses Jahres eindrucksvoll gezeigt.

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.04.2021

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