Das Gesamtbild der Luftmassenzirkulation und die Bedeutung für das Wetter!

Das Wetter zeigt sich derzeit eher von seiner launischen Seite. Nachdem am heutigen Dienstag Hoch "Tatjana" nochmals für Zwischenhocheinfluss sorgt, geben sich ab der kommenden Nacht die Tiefdruckgebiete und deren Tiefausläufer wieder die Klinke in die Hand. Eine Folge der eingespielten Nordatlantik Zirkulation?!

Wie schon häufig im Thema des Tages beschrieben, bilden sich Hoch- und Tiefdruckgebiete bevorzugt entlang der sogenannten "Polarfront" (vgl. Wetterlexikon DWD). Diese Luftmassengrenze ist oft wellenförmig deformierte und steuert die Hoch- und Tiefdruckgebiete und somit das Gesamtbild der Luftdruckverteilung auf der Nordhemisphäre. Dabei ist zu beobachten, dass auf der Nordhalbkugel die Wellenamplitude im Vergleich zur vom Wasser dominierten Südhemisphäre größer ist. Während sich auf der Nordseite der Polarfront hochreichende Tiefs teilweise bis in subtropische Gebiete erstrecken, wandern die Tief- und Hochdruckgebiete auf der Südseite sehr zonal mit der westlichen Höhenströmung.

Diese Luftdruckverteilungen bzw. Zirkulationsmuster der Atmosphäre werden auf der Nordhalbkugel durch diverse Indizes beurteilt und anschließend mit der Witterung in Verbindung gebracht. Für den Bereich des Pazifiks und Nordamerikas analysieren die Meteorologen den sogenannten "PNA-Index (Pacific-North-America-Index)". Um das Wettergeschehen über Europa zu erklären, wird der sogenannte "NAO-Index (North-Atlantic-Oscillation-Index)" betrachtet. Doch was beschreiben diese Indizes bzw. entsprechenden Zirkulationsmuster? Der heutige Abschnitt beschäftigt sich dabei mit dem atlantischen und europäischen Raum.

Die Nordatlantische Oszillation beschreibt den Druckunterschied zwischen dem Islandtief (Reykjavik) und dem Azorenhoch (Ponta Delgada) auf dem Atlantik (vgl. Abbildung 1). Je nachdem, ob die Differenz positiv oder negativ ist, lassen sich Aussagen über die Stärke der Westwinddrift, also der westlichen Strömung über dem Ostatlantik, machen. Die zeitliche Variabilität wird dabei üblicherweise durch den NAO-Index abgebildet. Ist der Luftdruckgegensatz zwischen dem Azorenhoch im Süden und dem Islandtief im Norden durch einen sehr tiefen Druck über Island und einen sehr hohen Druck über den Azoren größer als im Mittel, so spricht man von einem positiven NAO-Index. In diesem Fall kann sich etwa zwischen 40° und 60° nördliche Breite eine starke westliche Strömung ausbilden, die im Winterhalbjahr häufig mit Winterstürmen einhergeht. Diese bringen von West- über Mitteleuropa hinweg bis nach Sibirien oft milde Winter und reichlich Niederschläge. Vom Mittelmeerraum bis zum vorderen Orient herrschen bei einer positiven NAO dagegen meist Trockenheit und relativ kalte Winter vor, in Westgrönland dominieren dann kalte nördliche Winde.

Bei einem negativen NAO-Index ist der Druckgegensatz zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch deutlich abgeschwächt. Teilweise drehen sich die Druckgebilde sogar um, sodass sich über Island ein Hochdruckgebiet und über den Azoren ein Tief befindet. Dadurch können sich häufig blockierende Wetterlagen durchsetzen. Dabei bilden sich im Winter oftmals Hochdruckgebiete über Westeuropa, die dazu führen, dass aus Norden kalte Luft nach Mitteleuropa einfließen kann. Allerdings können die die Westströmung blockierenden Hochs auch weiter östlich auftreten. In diesen Fällen würden dann auf der Westseite eher milde Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Norden gelangen. Gerade am sehr milden Weihnachtsfest im letzten Jahr konnte man dies beispielhaft beobachten. Im Mittelmeerraum herrschen dann oft milde, aber auch feuchte Witterungsverhältnisse vor.

Ein Blick auf den NAO-Index der letzten Monate (siehe Abbildung 2) zeigt, dass dieser sich von September bis Mitte November meist im neutralen oder leicht negativen Bereich befindet. In der zweiten Novemberhälfte sank er dann auf einen Wert von -1 und somit hin zu vorübergehend negativen Verhältnissen ab. Dies äußerte sich beim Wetter, indem über dem Atlantik und Westeuropa kräftige Tiefdruckgebiete wirbelten. Von dem Azorenhoch gab es kaum etwas zu sehen, stattdessen konnte sich über Osteuropa ein mächtiges Hoch ausbilden und die atlantischen Tiefs auf Ihrem Weg nach Osten ausbremsen. Deutschland lag dabei aber überwiegend auf der warmen Seite der Tiefs. Einen winterlichen Gruß gab es nur zum Monatswechsel, als sich vorübergehend ein Hoch von Island bis ins westliche Mittelmeer zog und somit die Tiefs schon frühzeitig blockierende. In diesem Fall konnte von Norden kalte Polarluft ins Land vordringen.

Seit Anfang Dezember gab es dann bei der NAO wieder ein signifikanter Trend zu deutlich positiven Werten zwischen 1 und 2 zu beobachten. Nach dem kurzen Kaltlufteinbruch konnte sich die Westströmung rasch erholen. Bis auf kurzzeitigen Zwischenhocheinfluss und somit ruhigeren Wetterbedingungen gaben und geben sich derzeit die Tiefdruckgebiete sowie die zugehörigen Tiefausläufer die Klinke in die Hand. Eine, für die mittleren Breiten, typische Westwetterlage mit einem windigen, unbeständigen und mäßig kalten bis milden Wettercharakter ist die Folge.

Nach Monatsmitte soll der NAO-Index zwar wieder stärker fallen und meist neutrale Werte annehmen. Dies wiederum darf nicht gleich als deutliches Signal hin zu blockierenden Zirkulationsverhältnissen und dauerhafte winterliche Bedingungen bis in tiefe Lagen gewertet werden.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.12.2019

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