Es ist noch nicht Sommer!


Im heutigen Thema des Tages wird versucht die zum Teil verzerrte Wahrnehmung des aktuellen Wettergeschehens, auch im Vergleich zum letzten Jahr, etwas zu Recht zu rücken.


Im vergangenen Jahr haben die "sommerlichen" Frühlingsmonate April und Mai jeweils einen neuen Allzeitrekord bei der
Durchschnittstemperatur aufgestellt. Die Abweichungen zu den vieljährigen Mittelwerten lagen bei fünf bzw. knapp vier Grad. Dass neue Rekorde an zwei Monaten in Folge aufgestellt werden, gab es bis dato seit Aufzeichnungsbeginn noch nicht. Nun waren nicht nur der April und Mai überdurchschnittlich, ganze dreizehn Monate am Stück verblieb das Monatsmittel über den vieljährigen Mittelwerten. Das ist ebenfalls ein neuer Rekord.

Angesichts der beeindruckenden Bilanz des zurückliegenden Jahres kann der diesjährige Mai schonmal schnell mit negativen Superlativen aller Art bedacht werden. Studien haben zudem gezeigt wie schnell sich der Mensch an eine Verschiebung der Durchschnittstemperatur gewöhnt und diese als neues Maß für das aktuelle Wetter zu Grunde legt.

Natürlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass der Mai in diesem Jahr kein Wonnemonat gewesen ist. Klar ist auch, dass die Serie überdurchschnittlich warmer Monate nun reißen wird. Ohne die Details vorweg zu nehmen, wird der Mai landesweit
unterdurchschnittlich ausfallen. Dennoch bleibt ganz nüchtern festzustellen, dass dies nur ein einziger Monat gewesen ist. Es war statistisch mehr als überfällig, dass nun auch einmal negative Abweichungen registriert werden.

Darüber lässt sich aber weder eine klimatologische Aussage machen, noch ein Rückschluss auf den bevorstehenden auf den Sommer 2019 ziehen. Für Klimabetrachtungen bräuchte es mindestens 360 Monate (30 Jahre) um eine einigermaßen fundierte Aussage treffen zu können. Selbst wenn also auch der Rest des Jahres und der diesjährige Sommer unterdurchschnittlich ausfallen sollten, hätte das noch keine klimatologische Relevanz. Dazu kommt noch die Tatsache, dass bei den Betrachtungen der Fokus nur auf Deutschland gesetzt ist. Ein Blick über den Tellerrand hinaus zeigt, dass die Rekordwerte im diesjährigen Mai, bedingt durch die Großwetterlage, stattdessen in Westrussland zu finden sind. So wurden beispielsweise am 12. Mai nahe dem Polarkreis (64.8° N, Koynas (RUS)) knapp 31 Grad gemessen. Auch in Portugal und Israel gab es für Mai außergewöhnliche Hitzewellen. Beispielsweise wurde am 13. Mai im südlichen Portugal die 38 Grad Marke geknackt. In Tel Aviv stieg das Quecksilber am 23. Mai auf 44 Grad.

Zurück zu Deutschland, wo zu Beginn der Woche erneut eine kühlere Phase mit Durchzug einer Kaltfront eingeleitet wird. Am bayerischen Alpenrand setzt ab dem Abend Dauerregen ein, der in Staulagen bis Mitte der Woche sogar unwetterartig ausfallen kann. Der Mai 2019 bleibt sich also treu.

Lassen wir das Alltagsgrau aber einfach mal hinter uns und schauen nach vorne. Rasch wird man feststellen, dass wir uns ja eigentlich noch im Frühjahr befinden. Kalendarisch dauert es noch bis zum 21. Juni, meteorologisch definiert beginnt der Sommer aber am kommenden Samstag, dem 1. Juni.

Und was macht das Wetter? Das bewegt sich auf Sommerkurs. Noch nicht vollumfänglich und überall, aber mit jedem Tag ein bisschen mehr. Zum Sonntag sind, abgesehen vom Norden (20 bis 24 Grad), überall Höchstwerte im Sommerbereich zu erwarten (25 bis 29 Grad). Natürlich nehmen die Unsicherheiten in weiterer Folge zu, die Zeichen stehen aber nicht schlecht, dass dem Sommer damit ein meteorologischer Punktstart gelingt und größere Kälterückfälle der Vergangenheit angehören.

Bleibt festzuhalten: Ein Monat macht noch kein Klima und man sollte den Sommer nicht abschreiben, bevor er wirklich angefangen hat.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.05.2019

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