Aufs Wetter wetten ? Teil II

Nachdem am vergangenen Dienstag, dem 06. Mai 2019, der Wettertipp des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung in Karlsruhe an dieser Stelle vorgestellt wurde, beleuchten wir in unserer Ausgabe am heutigen Samstag andere Wettertippspiele im Internet einmal näher - im Speziellen das Wetterturnier.

Sie heißen "Pfingstochse", "Fraktus", "Schneegewitter" und Co. - anonyme, fiktive Mitspielernamen im härtesten und anspruchsvollsten Wetterprognosespiel, das es hierzulande gibt: Das Wetterturnier. Dieser Wettbewerb verkörpert gewissermaßen die Champions League der Wettervorhersage. Hierbei duellieren sich Woche für Woche Meteorologie-begeisterte Studenten, Hobbymeteorologen und Profis aus dem operationellen Dienst der verschiedensten Wetteranbieter mit automatischen Verfahren und kämpfen um die maximale Ausbeute von 200 möglichen Punkten an jedem Wochenendspieltag. Doch was macht diese Plattform so einzigartig?

Werfen wir mal einen Blick zurück in die Vergangenheit. Im Jahre 1976 hatte Edilbert Kirk eine Idee. Warum nicht ein Wettertippspiel entwerfen, bei dem man seine Vorhersagefähigkeiten kontinuierlich schulen, verbessern und mit Gleichgesinnten teilen kann? Gesagt, getan. Kurze Zeit später ging das deutschlandweit erste Wetterturnier in Kiel an den Start. Das Prognosespiel gelangte mit Edilbert Kirk 1978 nach Köln und 1985 nach Hamburg. An der Universität Kiel, am Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln und am Meteorologischen Institut Hamburg leitete er das Wetterturnier im Rahmen der Lehrveranstaltung "Wetterbesprechung". Die Auswertung wurde von Anfang an computergestützt durchgeführt - gerade für die damalige Zeit alles andere als selbstverständlich. Entsprechend der Entwicklung der Computertechnik programmierte Edilbert Kirk vier Versionen des Auswerteprogrammes. Näheres hierzu erfahren Sie unter der Rubrik "Geschichte" auf der Homepage des Wetterturniers (www.wetterturnier.de/geschichte).

Letztlich ist der Gedanke an ein universitätseigenes Prognosespiel, das den Fachbereich Meteorologie anbietet, also historisch breit gestreut. Da Umsetzung und Organisation aber ausnahmslos ehrenamtlich erfolgen, sind manche Wettbewerbe mitunter "vom Aussterben bedroht", wie beispielsweise der derzeit pausierende "Froschtipp" (froschtipp.de) der Universität Hamburg. Zudem wird im Forum der Wetterzentrale immer mal wieder ein Tippspiel, teilweise auch mit klimatologischen Fragestellungen, wie zum Beispiel zur minimalen Ausdehnung arktischen Meereises im Sommer, ausgerufen. Wen generell die langfristigeren Zeitskalen mehr interessieren, dem sei auch das bewährte Monatsprognoseturnier für jahreszeitliche Abweichungen von Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein empfohlen (www.monatsprognose.de).

Doch nun zurück zum Wetterturnier. Zur Jahrtausendwende gelangte die Idee des Prognosewettbewerbs schließlich von der Universität zu Köln zum Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin. Dort riefen die Studenten Christoph Gatzen, Jan Hoffmann und Sebastian Unger das Berliner Wetterprognoseturnier mit leicht modifiziertem Regelwerk als Internet-Version ins Leben. Am 03.03.2000 fand schließlich der erste offizielle Wettertipp in Berlin statt. Somit kann das Tippspiel im kommende Jahr stolz auf sein 20-jähriges Bestehen zurückblicken. Seit dem 27.04.2001 ist das Wetterturnier ein internationaler Wettbewerb, denn an diesem Tag wurde neben Berlin auch Wien integriert. Bis 2005 folgten in kurzen Abständen Zürich, Innsbruck und Leipzig nach.

Die zu bestimmenden Parameter gehen dabei weit über die üblichen Größen wie Höchst- und Tiefsttemperatur hinaus. So muss man sich an einem jeden Freitag (Ausnahme feiertags) bis spätestens 17 Uhr MESZ (im Winter entsprechend eine Stunde früher) auch Gedanken über Bedeckungsgrad, Windrichtung, Luftdruck, Taupunkt und vieles mehr machen. Verifiziert wird am Beispiel von Berlin mit den Daten der Flughäfen Tegel und Schönefeld, die im Verlaufe des Wochenendes in Echtzeit die Auswertung Stück für Stück komplettieren. Darüber hinaus profitieren auch die Entwickler statistischer Vorhersagesysteme von der unabhängigen und objektiven Verifikation ihrer vollautomatischen Prognosen. Die Vielseitigkeit der vorherzusagenden Wetterelemente und die mittlerweile umfangreichen Datenreihen machen die Plattform zudem zu einer wertvollen Forschungsquelle für Statistik und Verifikation von Wettervorhersagen. Zu gewinnen gibt es beim Prognoseturnier neben Erfahrung, Ruhm und Ehre auch Urkunden und kleinere Gutscheine für die Bestplatzierten der Jahreszeitenwertungen. Darüber hinaus wird jährlich der sogenannte Synoptiker des Jahres geehrt - die oben erwähnten Mitspielernamen mit den dahinterstehenden Personen sind ihres Zeichens ebendiese.

Die Teilnahme ist kostenlos, also versuchen Sie es doch auch einmal. Sie glauben gar nicht wie der Puls vor lauter Freude nach oben schnellt, wenn ein Schauer die Stationen trifft, den nur ganz wenige oder vielleicht sogar nur sie vorhergesagt haben. Oder Sie Ihre erste Urkunde in den Händen halten - unbeschreiblich. Von Tiefschlägen darf man sich hingegen nicht entmutigen lassen - nächsten Freitag heißt es schließlich wieder: "Neues Spiel - neues Glück!"


Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.05.2019

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst