Aktive und teils stürmische Westwetterlage mit großen Unsicherheiten


Derzeit geben sich die vom Atlantik nach Europa und Deutschland ziehenden Tiefdruckgebiete quasi die Klinke in die Hand. Eine solch aktive und andauernde Westwetterlage hat es schon längere Zeit nicht mehr gegeben.

Genau diese Wetterlagen bieten viel Spannung, stellen aber auch den Vorhersage- und Warnbetrieb vor große Herausforderungen. Anders als bei ruhigen Hochdruckwetterlagen lässt die rasche Abfolge von Tiefdruckgebieten eine genaue Prognose manchmal schon für den Folgetag nicht zu. Der Grund für die großen Unsicherheiten sind viele kleinräumige Störungen, die je nach Ausprägung unterschiedliche Folgen haben können.

Was genau sind diese kleinräumigen Störungen? Dabei handelt es sich meist um kleine Tiefdruckgebiete sowohl am Boden, als auch in höheren Luftschichten. Man kann sich die aktuelle Großwetterlage wie einen schnell fließenden Fluss vorstellen, der sich vom Atlantik kommend von West nach Ost über Europa und Deutschland hinwegbewegt. Solch ein Fluss ist, wie in der Natur üblich, nicht glatt, sondern er mäandriert. Das heißt, er weicht mal mehr und mal weniger stark nach Norden und nach Süden aus. Genau diese Abweichungen von der glatten Strömung sind die angesprochenen Störungen. Die Abfolge von kleineren Tiefs ist derart rasch, dass manchmal nicht einmal 24 Stunden zwischen zwei Ereignissen liegen.

Nun hat der atmosphärische Fluss keine festen Uferlinien. Mit Wettermodellen lässt sich sein Verlauf dennoch prognostizieren. Allerdings gibt es dabei mehrere Probleme. Zunächst muss das Vorhersagemodell wissen, wie der Verlauf des Flusses aktuell ist. Um dies in aller Genauigkeit feststellen zu können, bräuchte es aber eine Vielzahl von Beobachtungen, die dann auch noch fehlerfrei sein müssen. Darauf aufbauend wird von den aktuellen Messungen in die Zukunft gerechnet. Nun kann man aber nicht einfach hier und da etwas addieren, subtrahieren oder multiplizieren und bekommt das Ergebnis. Dafür ist Atmosphäre viel zu komplex. Stattdessen muss man im Vorfeld Annahmen machen, um die Rechnungen zu vereinfachen. Des Weiteren gibt es Prozesse (z.B. die Niederschlagsbildung), die gar nicht explizit mit einer Gleichung berechnet werden können. Stattdessen werden sie mit Formeln angenähert (sogenannte Parametrisierungen).

Jedes Wettermodell nutzt nun unterschiedliche Methoden, um die Beobachtungen zu sammeln und zu verarbeiten, aber auch für die Berechnung in die Zukunft. Für die verschiedenen Atmosphärenprozesse gibt es unterschiedliche Annäherungen (Parametrisierungen) und je nach Modell werden zum Teil andere verwendet. Vielleicht wird nun klar, dass es zwischen den Modellen größere Unterschiede geben kann, obwohl die gleichen Beobachtungsdaten zur Verfügung stehen und die Prognosen zur gleichen Zeit starten.

Für das kommende Wochenende gibt es sowohl für den Samstag, als auch für den Sonntag zwischen den verschiedenen Modellen, die als Vorhersagebasis den Mitternachtstermin (01 Uhr) haben, zum Teil erhebliche Unterschiede. Abgesehen von der allgemein windigen Lage, gibt es an beiden Tagen Vorhersagemodelle, die über Teilen des Landes zeitweise Sturmböen und schwere Sturmböen und auch einzelne orkanartige Böen prognostizieren. Gleichzeitig zeigen andere Modelle eine vergleichsweise mäßige Windlage.

Nun lässt sich leicht ausmalen wie schwierig es für den Vorhersagemeteorologen ist, den passenden Mittelweg aus allen Modelllösungen zu finden und gleichzeitig die möglichen Extremlösungen im Hinterkopf zu behalten und mit Unsicherheiten zu formulieren. Unser Credo ist: Sage die wahrscheinlichste Wetter- und Windentwicklung vorher, aber sei vorbereitet wenn die Außenseiterlösung eintritt. Ihr Credo sollte sein: Behalte immer die aktuellen Warnungen des Deutschen Wetterdienstes über die Warnwetter-App oder die DWD-Homepage im Auge. In diesem Sinne ein lebhaftes Wochenende.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.03.2019

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