"Mutter Courage" zu Gast bei Väterchen Frost

Kalt ist es gewesen, auch in der vergangenen Nacht. Bei Minima von -3 bis -9 Grad, gebietsweise auch darunter, kann man getrost von winterlichen Verhältnisse sprechen. Für viele bedeutet dies, dass ein lauschiges Plätzchen vor einem knisternden Kamin deutlich attraktiver erscheint als ein Aufenthalt im Freien.

Allerdings gab und gibt es immer auch Menschen, auf die Eis und Schnee eine besondere Faszination ausüben. Die "natürlichen Freunde" dieses Menschenschlages sind die Gletscher der Hochgebirge und die Polargebiete. Auch hier im Thema des Tages gab es immer mal wieder eisige Reportagen, beispielsweise am 30.07.2018 ("Eismitte"), kürzlich zum Piteraq (17.01.2019) oder sogar eine "Trilogie" zu einem Aufenthalt auf der Neumayer-Station (04., 24. und 25.04.2018).

Und demnächst könnte es wieder Neuigkeiten aus dem Eis geben. Immerhin plant eine internationale Forschergruppe unter Führung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven wieder eine groß angelegte Expedition in die Arktis.

Das Vorbild für die geplante Mission der "eiskalten" Frauen und Männer lieferte schon vor mehr als 100 Jahren der norwegische Polarforscher Fridtjof Nansen. Dieser vermutete, dass das winterliche Packeis in den polaren Regionen der Nordhalbkugel eine Drift aufweist, von der man sich - einen gut gewählten Startpunkt vorausgesetzt - bis zum Nordpol und über diesen hinaus "treiben" bzw. "ziehen" lassen könnte. Mit der Idee von der Packeisdrift konnte man
u.a. erklären, warum Trümmerteile des 1881 vor der Nordküste Sibiriens im Packeis untergegangenen US-Kriegsschiffs USS Jeannette drei Jahre später vor der Südostküste Grönlands wieder auftauchten.

Nansen beschloss daher, sich nördlich von Sibirien mit seinem Schiff, der extra für diesen Anlass konstruierten FRAM, vom Packeis einschließen zu lassen, um mit dem Eis zum Nordpol zu driften. Die Drift führte ihn allerdings am Pol vorbei, und auch der Versuch, mit Hundeschlitten den Pol zu erreichen, misslang. Letztendlich erreichte Nansen eine maximale nördliche Breite von 86° 13,6'. Die geplante wie auch die tatsächliche Route sind in der beigefügten Grafik dargestellt. Zudem sind in der Karte die aus der vergangenen Nacht stammenden Tiefstwerte flächig hinterlegt. Sie geben einen - zumindest meteorologischen - Eindruck von den extremen Bedingungen der Polarnacht.

Und heute? Wie schon angedeutet, bereiten sich auch aktuell wieder couragierte Forscherinnen und Forscher auf Ihren Besuch bei Väterchen Frost vor. Das Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts mit dem treffenden Namen POLARSTERN soll mit dem Packeis zum Nordpol driften. Neben Eis- und Meeresforschung wird es dabei maßgeblich um meteorologische Fragestellungen gehen. Insbesondere Untersuchungen zum Klimawandel sind geplant, sind doch die Polarregionen diejenigen auf unserem Planeten, die sich am schnellsten erwärmen.

Die technischen Rahmenbedingungen sind dabei deutlich ausgereifter als zu Nansens Zeiten. Dabei wird das Forschungsschiff zumindest anfangs u.a. von Eisbrechern begleitet, außerdem soll neben dem Schiff eine Landebahn für Versorgungsflugzeuge angelegt werden. Andere Gefahren bleiben, wie sie auch zu Nansens Zeiten waren. Dazu gehören z.B. Eisbären - und natürlich die arktischen Temperaturen.

Ob die Forscherinnen und Forscher ab und zu an einen knisternden Kamin denken?


Dipl.-Met. **
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.01.2019

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