Den Durchblick nicht verlieren

Die erwarteten Sichtweiten finden in den Standardwetterberichten, anders als in den Produkten der Flug- oder Seewettervorhersage, normalerweise keine große Erwähnung. Die einzige und gleichzeitig sehr wichtige Ausnahme ist der Nebel, da dieser durch die sehr geringe Sichtweite eine warnwürdige Wettererscheinung darstellt. In den letzten Nächten mussten aufgrund der Wetterlage beispielsweise häufig Warnungen vor Nebel ausgesprochen werden. Dies ist nach unseren Warnkriterien immer dann der Fall, wenn die Sichtweite gebietsweise unter die Schwelle von 150 m sinkt. Besonders für den Straßenverkehr stellt der Nebel eine große Gefahr dar. Immerhin kann bei Geschwindigkeiten von mehr als 130 km/h und ungünstigen Straßenbedingungen der Anhalteweg (d.h. die Summe aus Brems- und Reaktionsweg) die Marke von 150 m bereits erreichen oder sogar überschreiten.

Die Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes für 2016 (erschienen am 06.07.2017) listet unter anderem die verschiedenen Unfallursachen auf. Dieser Zusammenstellung ist zu entnehmen, dass im Jahr 2016 insgesamt 407 Unfälle mit Personenschaden auf Nebel zurückzuführen waren. Dabei gab es in der Summe 619 Verunglückte, wobei 16 Personen getötet wurden. Zu diesen Unfällen mit Personenschaden kommen zusätzlich noch 135 Unfälle mit erheblichem Sachschaden. Dies zeigt eindrücklich, dass bei schlechten Sichtbedingungen die Geschwindigkeit den äußeren Umständen unbedingt angepasst werden muss. Bei einem plötzlich auftretenden Hindernis sollte es möglich sein, das Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen zu bringen.

Die atmosphärische Sichtweite ist allgemein formuliert von verschiedenen Parametern abhängig. Ganz entscheidend sind dabei Hydrometeore oder Aerosole, die die Sicht in der Luft stark beeinflussen können. Als Hydrometeore werden beispielsweise Regentropfen, Schneeflocken, Graupel sowie Eis- und Hagelkörner bezeichnet. Zudem sind auch sogenannte "Lithometeore" wie Staub und Rauch von größerer Bedeutung. Die Luftverschmutzung (Aerosole) trägt zudem noch zur Dämpfung der Sicht bei. Sinkt die Sichtweite unter 8 km wird von Dunst gesprochen. Ist die Sicht sogar auf 1000 m begrenzt, liegt definitionsgemäß bereits Nebel vor.

In den Herbstmonaten weist die Sichtweite oft einen großen vertikalen Unterschied auf. In den Niederungen hält sich insbesondere bei schwachwindigen Wetterlagen feuchtkühle Luft. Je länger dieser austauscharme Zustand anhält, desto stärker wird die Luftmasse zusätzlich mit Aerosolen verschmutzt. Als Ausgleich kann aber eine Fahrt in die Berge dienen, da dort bei stabilen Hochdrucklagen oft eine herrliche Aussicht genossen werden kann. Dafür verantwortlich ist die dort befindliche meist sehr trockene und saubere Luft. Ganz besonders kommt dieser Effekt bei Föhnwetterlagen an den Alpen zum Tragen. Sichtweiten von mehr als 100 km sind dann nicht ungewöhnlich. Werden mehr als 200 km Sicht erreicht, spricht man auf der Zugspitze beispielsweise von einer "Ungewöhnlichen Fernsicht".

Allerdings darf in den nächsten Tagen weder eine "Ungewöhnliche Fernsicht" auf den Bergen erhofft, noch muss eine ausgesprochene Nebelsituation in den Niederungen befürchtet werden. Nachdem in der Nacht zum Freitag bereits ein erster Tiefausläufer auf den Nordwesten Deutschlands übergreift, folgt am Freitag tagsüber ein weiteres Frontensystem. Dieses gehört zu einem nach Südskandinavien ziehenden Tiefdruckgebiet, das im Norden und der Mitte für deutlich auffrischenden Wind sorgt. Verbreitet muss dort mit starken Windböen gerechnet werden, an den Küsten sowie in den Kammlagen der Mittelgebirge kommt es sogar zu stürmischen Böen oder Sturmböen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.11.2017

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