Landwirte und Flussschiffer im Südwesten klagen über die Trockenheit

In einigen Gegenden Deutschlands ist es seit längerer Zeit zu trocken. Zumindest, wenn man die Maßstäbe der mittleren Niederschlagsmenge, auf die sich Pflanzen und Tiere eingestellt haben, zu Grunde legt.
In einer hiesigen Tageszeitung lautete das Thema des Tages in Bezug auf die letzten neun Monate ?Hessen so trocken wie seit 60 Jahren nicht mehr?.
Sogar vom trockensten Winter seit Messbeginn in Hessen ist zu lesen. Die knapp 100 hessischen Messstellen meldeten im Wintermittel 49% des Regensolls mit einer Spanne von 32% bis 70%. Auch andere Bundesländer hatten einen ähnlich trockenen Winter: Die Stationen Baden-Württembergs registrierten gerade mal 42%, das Saarland 46% und Rheinland Pfalz 51% des langjährigen Mittels.

Schon aus diesen Daten wird klar, warum sich die Binnenschiffer auf dem Rhein über das Niedrigwasser beklagten, denn die trockensten Regionen Deutschlands liegen im Südwesten und sind alle Teil des Rheineinzugsgebietes. Auch an Stauseen ist der Wassermangel zu erkennen.
Kaum eine Talsperre ist, wie eigentlich zu erwarten, derzeit zu annähernd 100% gefüllt. Die Füllungsgrade liegen zwischen 40% und 100%.

Der März hat, als zweiter Monat mit Übererfüllung des Niederschlagssolls seit August 2016, die Lage am Rhein wieder ?gerettet?.
Kurz vor Ende April verzeichneten deutschlandweit gerade mal rund 15% unserer Messstationen die bis dahin zu erwartende Niederschlagsmenge. Etliche Stationen im Südwesten, insbesondere im Saarland, hatten bis zum 14. April überhaupt keinen Regen (teilweise seit dem 23. März) und haben auch bis heute nur etwa 5% des Aprilniederschlagssolls erreicht. (Saarland ca. 5%, Rheinland Pfalz 0%-36%, Hessen 0%-65%) Die Starkniederschläge der letzten Tage in Baden Württemberg brachten dem Rhein auch keine allzu große Wassermenge, da der meiste Regen Richtung Donau abfloss. Eine Entspannung ist aber eingetreten, am Mittelrhein in Kaub stieg der Pegel seit letzten Mittwoch schon um 90 cm auf 192 cm (Mittelwert liegt bei 224 cm).

Auch deutschlandweit war es seit August letzten Jahres im Mittel meist zu trocken, denn der August brachten etwa 60% des Solls, der Herbst 84% und der Winter erreichte 65%. Im Nordosten wurden die zu erwartenden Mengen aber erreicht, irgendeine Region muss schließlich auch über den Mittelwerten liegen.

Nicht unerwartet zeigten sich die vielen Hochdruckgebiete für diese (relative) Trockenheit verantwortlich.

Außer den wenigen Flussschiffern leidet natürlich auch die Land- und Forstwirtschaft unter dem Wassermangel.
Die Wälder können keine Wasservorräte bilden, bei einem trockenem Sommer wird das Laub schon früh erbraunen. Die Waldbrandgefahr beginnt bereits im Frühjahr und Schädlinge wie der Borkenkäfer haben leichtes Spiel.
Die Landwirte beklagen die trockenen Böden, dessen hochqualitative Krume vom Wind weggetragen wird.
Spargel und Erdbeeren, soweit sie die Nachtfröste überlebt haben, müssen bereits jetzt gewässert werden, die Wintergerste wird schon gelb und der Ertrag daher gering.

Und wie sieht die Lage im Südwesten in den kommenden Tagen aus? Heute und morgen sorgt die Hochdruckbrücke zwischen den Hochs Sonja über Skandinavien und Rosalie über dem westlichen Mittelmeer für weitgehend trockenes Wetter im Südwesten. Am Tag der Arbeit ist Petrus fleißig am Gießen. Der Mai beginnt also voraussichtlich im Südwesten mit Übererfüllung seines Regensolls, zumindest bezogen auf den ersten Monatstag.

Meteorologen Hermann Kehrer und Christoph Hartmann

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.04.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst