Wolken und ihre Klassifikation

Wolken sind sichtbare Anhäufungen von Kondensations- und/oder Resublimationsprodukten des atmosphärischen Wasserdampfes, also von Wassertropfen und/oder Eiskristallen. Entsprechend unterscheidet man neben reinen Wasserwolken auch Misch- sowie pure Eiswolken. Wolken treten hauptsächlich in der Troposphäre auf, darunter versteht man die unterste Schicht der Atmosphäre, wo salopp gesagt "das Wetter stattfindet". Wolken entstehen durch Abkühlung feuchter Luft unter die Taupunkttemperatur bei Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Kondensationskernen. Meistens erfolgt die Abkühlung durch adiabatische Expansion der Luft bei Vertikalbewegungen wie z.B. beim Aufgleiten von Luftmassen an Fronten, orographischer Hebung an Bergen oder Konvektion (durch Dichteunterschiede infolge unterschiedlicher Erwärmung angetriebene vertikale Strömung in der Troposphäre). Aber auch andere Mechanismen wie Abkühlung infolge turbulenter Durchmischung oder langwellige Ausstrahlung sind als wolkenbildende Ursachen bekannt.

Verschiedenartige Entstehungsprozesse bewirken eine Vielfalt von Erscheinungsformen hinsichtlich Aussehen, Ausdehnung und Zusammensetzung der Wolken. Dem tragen Wolkenklassifikationen Rechnung, die nach genetischen oder morphologischen Aspekten aufgebaut sein können. Dabei richten sich genetische Klassifikationen nach der Entstehungsursache der Wolken, also den zugrunde liegenden thermo-hydrodynamischen Prozessen. So kann man bereits einfach "Stratus- bzw. Schichtwolken", die durch das Aufgleiten warmer Luft auf eine kalte Luftmasse (Advektion) an Warmfronten entstehen, von Cumulus- bzw. Quellwolken unterscheiden, die bei konvektiven Prozessen auftreten. Die morphologische Klassifikation der Wolken erfolgt anhand ihres Erscheinungsbildes, also anhand von Form und Gestalt sowie ggf. der von ihnen hervorgerufenen optischen Effekte wie z.B. Schattenbereiche oder Interferenzerscheinungen. Die von der Weltorganisation für Meteorologie (englische Abkürzung WMO) verbindlich gemachte internationale Wolkenklassifikation teilt die zehn mit lateinischen Namen bezeichneten "Wolkengattungen" (Cirrus, Cirrostratus, Cirrocumulus, Altocumulus, Altostratus, Cumulus, Cumulonimbus, Stratocumulus, Stratus, Nimbostratus) in Abhängigkeit von der Höhenlage ihres Auftretens in der Troposphäre in vier "Wolkenfamilien" ein. So trifft man hohe Wolken (High Troposphere: Cirrus - "Schleierwolken", Cirrostratus - "Höhendunst" sowie Cirrocumulus - "feine Schäfchenwolken") je nach Jahreszeit in 5 bis 13 km Höhe an, mittelhohe Wolken (Medium Troposphere: Altostratus sowie Altocumulus - "grobe Schäfchenwolken") befinden sich in 2 bis 7 km Höhe und tiefe Wolken (Low Troposphere: Stratus sowie Stratocumulus) in der Schicht vom Erdboden bis in 2 km Höhe. Außerdem können sich Wolken über mehrere "Stockwerke" erstrecken (Towering Vertical Clouds), dazu gehören hoch aufragende Quellwolken (Cumuli), Cumulonimbus ("Gewitterwolken") und Nimbostratus ("Regenwolken").

Weitere, feinere Unterscheidungsmerkmale führen zu insgesamt vierzehn "Wolkenarten" und neun "Wolkenunterarten", die durch nachgestellte lateinische Adjektive beschrieben werden. So lautet etwa der vollständige lateinische Name für eine mittelhohe, strukturlose, nebelartige aber durchscheinende Schichtwolke "Altostratus nebulos translucidus" (abgekürzt As neb tr). Daneben gibt es noch wiederum neun, durch spezielle (thermo-)dynamische Vorgänge in der Troposphäre hervorgerufene "Wolkensonderformen" (Other Accessories Clouds) wie
z.B. die mit Tornados verbundenen, in der Storm-Chaser-Szene eher als "Funnel Clouds" bekannten "Trichterwolken". Nicht zuletzt sind Dunst und Nebel natürlich auch Wolken.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/04/28.html finden Sie einen von Antonio Ciccolella publizierten einfachen Wolkenatlas als Vertikalschnitt der Troposphäre mit den wichtigsten Wolkenarten und -sonderformen. Für darüber hinaus gehende Betrachtungen muss auf die entsprechende Fachliteratur (u.a. wissenschaftliche Wolkenatlanten) verwiesen werden. Da Wolkenbildungen stets mit bestimmten thermo-hydrodynamischen Prozessen in der Troposphäre einhergehen, eignen sich Wolkenbeobachtungen hervorragend zur Interpretation des aktuellen Wetterzustandes und dessen kurzfristigen Änderungen. Sorgfältige Augenbeobachtungen der Bewölkungsverhältnisse an bemannten Wetterstationen waren vor der Einführung von numerischen Modellen, Radardaten und Satellitenbildern für den im Vorhersagedienst tätigen Meteorologen essentiell. In der heutigen Zeit sind sie besonders im Bereich der Kürzestfristvorhersage ("Nowcasting") immer noch eine wertvolle Ergänzung und besonders für Bergwanderer, Segler und Sportflieger ist ein geschulter Blick in den Himmel unter Umständen lebensrettend.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.04.2017

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