Wenn ein Tropfen kalter Luft auf Reisen geht...

Beim Blick auf das heimische Barometer springt einem seit längerem hoher Luftdruck ins Auge, Hoch CHRISTA sei Dank, sie folgte auf Hoch BRIGITTA. Dass Hochdruckeinfluss im Winter nicht zwangsläufig mit eitel Sonnenschein einhergehen muss, wurde an dieser Stelle schon häufig thematisiert. Die tiefen, dichten Wolken, aus denen in der vergangenen Nacht und am heutigen Dienstagmorgen im Westen auch ein paar Schneeflocken gerieselt sind, haben jedoch noch einen anderen Grund: Ein kleines Tiefdruckgebiet, das sich nicht am Boden, sondern nur in höheren Luftschichten abbildet, ist mit kalter Luft gefüllt und wird deshalb auch als "Kaltlufttropfen" bezeichnet.

Ein solches kreisförmiges Gebilde wird durch die bodennahe Strömung gesteuert und befindet sich meist im Randbereich eines Bodenhochs. Der mit kalter Luft angefüllte Tropfen "schwimmt" in der ihn umgebenden wärmeren Luft, ähnlich wie ein Fetttropfen in einer heißen Suppe. Dieses Herumwabern macht die Wettervorhersage sehr schwierig. Verlagert sich das Höhentief nur wenige Kilometer anders als erwartet, kann das wesentliche Änderungen für die Wettervorhersage an einem Ort bedeuten.

"Unser" Kaltlufttropfen, der in ca. 5,5 km Höhe Temperaturen von -33 °C und einen Durchmesser von ca. 400 km aufweist, zog am gestrigen Montag und in der vergangenen Nacht von der Nordsee in Richtung Benelux-Staaten und streifte auch den Westen Deutschlands mit ein paar Schneeflocken. In den kommenden Stunden verlagert er sich über Frankreich mit einer nördlichen Strömung weiter südwärts und erreicht Mittwochmittag die Mittelmeerküste bei Perpignan. Vielleicht ist er etwas wasserscheu (was man bei derzeitigen Wassertemperaturen von ca. 12 °C durchaus nachvollziehen könnte) oder er besinnt sich seinen Wurzeln, jedenfalls entscheidet er sich für eine Kehrtwende und wandert am Donnerstag über Frankreich wieder gen Norden. Abends sagt er dann auch dort "Au revoir" und nimmt Kurs auf die Britischen Inseln. Am Freitag verlässt der Kaltlufttropfen aber schon wieder den englischen Boden, schwächelt zunehmend und gliedert sich dann zum Wochenende in die Höhenströmung ein, um danach Richtung Skandinavien abzuziehen. Die spannende Reise des Höhentiefs ist auch in der beigefügten Grafik zu sehen.

Während am heutigen Dienstag in Deutschland mit Ausnahme des Alpenrandes eine dichte Wolkendecke dominiert, setzt sich nach Abzug des Kaltlufttropfens wieder Hochdruckeinfluss durch und die Sonne kommt zunehmend zum Vorschein.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.01.2017

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