"Hoch Mitteleuropa"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus resultierenden Strömungsmustern in Bodennähe, sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten. Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten. Die meteorologische Teildisziplin, die sich u. a. mit den Großwetterlagen befasst, nennt sich "synoptische Klimatologie". Nach deren Regeln muss eine Wettersituation in Mitteleuropa mindestens drei Tage andauern, um als eigenständige Großwetterlage betrachtet werden zu können. Die Klassifizierung von Großwetterlagen ermöglicht eine systematische qualitative Beschreibung des Ablaufes von Wetter, Witterung und Klima.

Derzeit dominiert hoher Luftdruck über dem größten Teil Europas, eine ausgedehnte Hochdruckzone namens UWE erstreckt sich am morgigen Montag von der Nordsee (UWE I) bis zum Schwarzen Meer (UWE II). Sie hält uns in der ersten Wochenhälfte atlantische Tiefausläufer vom Leibe, die folglich nur den äußersten Norden und Nordosten Deutschlands touchieren können. Im größten Teil unseres Landes wird dagegen ruhiges, teils zu Nebel und Hochnebel neigendes, aber auch teils sonniges und weitgehend trockenes Winterwetter erwartet. Die Tageshöchsttemperaturen variieren meist im einstelligen positiven Bereich, nachts herrscht leichter bis mäßiger Frost, wobei streckenweise Glättegefahr besteht.

Vom synoptisch-klimatologischen Standpunkt bietet sich in diesen Tagen die Charakterisierung der Großwetterlage "Hoch Mitteleuropa" (wissenschaftliche Abkürzung HM) an. Sie zählt zu den gemischten Zirkulationsformen, d.h. die zonale, also in West-Ost-Richtung verlaufende Strömungskomponente über dem Kontinent und der in Nord-Süd-Richtung orientierte, meridionale Anteil, halten sich die Waage. "Hoch Mitteleuropa" ist typisch für unser Klima und tritt im Dezember im langjährigen Mittel mit knapp 9% aller Fälle überdurchschnittlich häufig auf. Weil diabatische, vom Erdboden ausgehende atmosphärische Abkühlungs- und Erwärmungsprozesse bei ruhigen, beständigen Wetterlagen besonders intensiv sind, stehen winterliche Kälte- und sommerliche Hitzewellen oftmals mit dieser Großwetterlage in Verbindung.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/12/04.html finden Sie oben eine vom heutigen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen Vorhersagemodells GFS berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe der die untere Troposphäre repräsentierenden 850-hPa-Hauptdruckfläche sowie die dort herrschende Temperatur, für Sonntag, den 04.12.2016, 06:00 Uhr UTC. Wie man leicht sieht, herrschen über der Biskaya milde Temperaturen, über Osteuropa dagegen kommt eine Polarluftmasse südwärts voran und Mitteleuropa liegt sozusagen "dazwischen". Die darunter stehende Abbildung ist ein sog. thermodynamisches Diagramm ("Temp") der Flugwetterwarte München für Sonntag, den 04.12.2016, 06:30 Uhr UTC, welches die vertikale Änderung der Lufttemperatur darstellt. Normalerweise nimmt die Temperatur mit der Höhe ab. Hier jedoch bewirkt in West- und Süddeutschland vor allem die Advektion relativ warmer Luft über einer im Winterhalbjahr stets kalten Grundschicht eine "Inversion", also eine Umkehr des vertikalen Temperaturverlaufs. Beginnend mit -8,4 °C am Boden steigt die Temperatur bis etwa 738 m über Grund auf 1,7 °C um dann allmählich mit der Höhe abzunehmen.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.12.2016

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