Ein Tief macht die Welle

Ein Blick in die Wetterküche am heutigen Samstag zeigt ein interessantes Phänomen, das uns in den nächsten Stunden vielerorts Regen bringt. So findet sich auf der Bodenwetterkarte eine Welle, genauer gesagt eine "wellende Kaltfront" (oder auch "frontale Welle"). Sie sorgt gebietsweise für teils länger andauernden Regen, der angesichts der zum Teil schon seit Wochen andauernden Trockenheit von der Natur sicherlich höchst Willkommen geheißen wird. Was aber ist eine wellende Kaltfront?

Ausgangspunkt dabei ist eine bereits vorhandene "normale" Kaltfront eines Tiefdruckgebietes. Im aktuellen Fall gehört diese zum Tief WALPURGA, das sein Zentrum heute Morgen an der Nordspitze von Norwegen hatte. Die Kaltfront erreichte Mitteleuropa und Deutschland am Donnerstagabend von Nordwesten her und brachte neben einigen dichten Wolken gebietsweise leichten Regen. Langsam zog die Kaltfront in Richtung Südosten weiter, wobei hoher Luftdruck im Süden und Südosten Europas die Wetteraktivität abschwächte.

Zudem nahm die wellende Kaltfront damit auch eine zur südwestlichen Höhenströmung über Mitteleuropa parallele Lage an. Die sogenannte frontensenkrechte Komponente (die zur Front senkrechte Komponente der Strömungsgeschwindigkeit) wurde folglich immer weiter verringert, womit die Verlagerungsgeschwindigkeit der Kaltfront bald gegen Null ging und sie mehr oder weniger quasistationär (die Front bewegt sich kaum noch) wurde.

Kommt es nun zu einer Deformation des zur Front parallel verlaufenden Druckfeldes, beginnt die Front zu wellen. Ursache für die Verwellung kann zum Beispiel die Orografie sein, häufig aber sind Höhentröge (tiefer Druck in der Höhe) dafür verantwortlich. So auch im aktuellen Fall, wo über den Britischen Inseln in der Höhe ein Tief zu finden ist. Auf der Vorderseite dieses Höhentiefs setzte am Boden über Frankreich Druckfall ein, sodass das Druckfeld dort modifiziert wurde und sich ein Bereich tiefen Drucks an der Kaltfront ausbildete. Das sich bildende Tief selber bekam den Namen XUN (siehe dazu die Bodendruckanalysen von Freitag und Samstag unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/1.html).

Im Bereich des tieferen Drucks aber dreht die Strömung. So wird aus einem Teil der Kaltfront, der im Punkt des tiefsten Drucks beginnt und im Punkt des nächstgelegenen höchsten Drucks wieder endet, eine Warmfront und die Welle ist entstanden. Neben Kaltfrontwellen gibt es auch Warmfrontwellen, dabei wird ein Teil der Warmfront zur Kaltfront.

Charakteristisch für Wellen sind länger andauernde Niederschläge, die in einem recht eng begrenzten Streifen entlang der wellenden Front auftreten. Der meiste Regen fällt im Wellenbereich vor dem Wellenscheitel bzw. dem Bereich des tiefsten Luftdrucks, wobei das neue entstandene Tief mit der vorhandenen Strömung weiterzieht.

So erreicht das über Frankreich entstandene Wellentief mit der südwestlichen Strömung am heutigen Samstag Deutschland und bringt hierzulande gebietsweise Regen. Die höchsten Regenmengen werden vom Saarland und Rheinland-Pfalz bis ins westliche Thüringen erwartet, dort fallen 10 bis 15 Liter Regen pro Quadratmeter. Im Saarland und in der Pfalz können lokal 15 bis 25 Liter pro Quadratmeter vom Himmel herunter kommen.

Am Sonntag zieht die Welle nach Osten ab und der Luftdruck beginnt bei uns allmählich wieder zu steigen. Wer jetzt jedoch darauf hofft, noch ein paar spätsommerlich-warme Tage erleben zu können, wird enttäuscht werden. Einerseits treten bis Dienstag noch Schauer und kurze Gewitter auf, andererseits dreht der Wind mit dem über Skandinavien liegenden Hoch langsam auf Nordost und verhältnismäßig kühle Luft wird zu uns geführt. Zwar gibt es zur Wochenmitte hin auch einigen Sonnenschein, mit mehr als 10 bis 18 Grad ist aber dennoch kaum zu rechnen. Nachts gehen die Temperaturen bald sogar auf niedrige einstellige Werte zurück, örtlich könnte es dann Frost und gebietsweise Bodenfrost geben.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.10.2016

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst