Bauernregeln - verlässlich oder nicht?

Jeder kennt sie, manche befolgen sie vielleicht sogar: Bauernregeln. Sätze, wie: "Wenn der Hahn kräht auf dem Mist,..." oder "So wie das Wetter am Siebenschläfer..." haben auch die heutige Meteorologie mit ihren modernen Entwicklungen und dem technischen Fortschritt überlebt. Nach wie vor glauben nicht minder viele Menschen neben den Aussagen des Wettermoderators ebenso an diese bäuerlichen Weisheiten.


Bauernregeln orientierten sich ursprünglich an bestimmten Lostagen, an Hand derer man versuchte das Wetter vorherzusagen. Insbesondere für die Ernte (daher auch Bauernregeln) waren diese Prognosen wichtig. Lostage gehen dabei oftmals auf altertümliches Brauchtum zurück, welche später von der Kirche übernommen und nach christlichen Feiertagen und Heiligenfiguren benannt wurden. Aber können Bauernregeln tatsächlich das Wetter vorhersagen? Kann man tatsächlich allein nur durch Betrachtung bestimmter Tage sagen, wie das Wetter der nächsten Wochen wird?

Nimmt man die Aussagen der Bauernregeln nicht allzu wörtlich, so lässt sich durchaus in den meisten dieser Sprüche ein wahrer Kern entdecken. Der Knackpunkt an den Bauernregeln ist dabei oftmals das genaue Datum. So ist es damals wie heute unmöglich beispielsweise vom Siebenschläfertag (27.06.) direkt auf das Wetter der folgenden sieben Wochen zu schließen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, und darin liegt auch der Wahrheitsgehalt dieser Aussage, dass man auf Basis des Wetters, das um diesen Lostag herum auftritt, einen Trend für die darauffolgenden Wochen erstellen kann.
Schaut man sich nämlich Bauernregeln vor diesem etwas weiter gefassten Zeitraum an, so treffen einige von ihnen mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit zu. Um beim Beispiel des Siebenschläfertages zu bleiben: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Witterung, wie sie Ende Juni/Anfang Juli auftritt, auch in den darauffolgenden Wochen bestehen bleibt, liegt beispielsweise in Süddeutschland bei bis zu 70%. Auch in diesem Jahr passte die Regel ganz gut. Während das Wetter im Juli und den ersten beiden Augustdekaden nach den gewittrigen Starkregenfällen Ende Mai/Anfang Juni mehr oder weniger einem durchschnittlichen, mitteleuropäischen Sommer entsprach, setzte der erst kürzlich geendete Spätsommer just circa sieben Wochen nach dem Siebenschläfer ein und brachte uns hierzulande Wärme und viel Sonnenschein.

Die heilige Ludmilla von Böhmen sah den aktuellen Wetterumschwung übrigens schon kommen. So lautet die Bauernregel für den Lostag des 15. Septembers: "Sankt Ludmilla , das fromme Kind, bringt Regen gern und Wind."

Ein anderes Beispiel stellt "Sankt Martin" (11.11.) dar. Wenn es laut Bauernregel an Sankt Martin Nebel gibt, so weist dies auf einen milden Winter hin. Aus der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass diese Regel in sechs bis sieben von zehn Fällen zutrifft. Besitzen darüber hinaus die Folgetage vom 19.11. bis 23.11. ebenfalls einen feucht-trüben Wettercharakter, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der folgende Winter mild wird, bei 75%.

Egal ob jung oder alt, Experte oder Laie, Bauernregeln erfreuen sich auch heutzutage noch großer Beliebtheit und werden daher je nach Vorliebe nach wie vor für einen ersten Wettertrend bei Bedarf zu Rate gezogen und mit saisonalen Vorhersagen der globalen Wettermodelle verglichen. Solange man bei Lostagen die Witterung und Großwetterlage in einem Zeitraum betrachtet, ist diese Vorgehensweise in vielen Fällen sowie großräumig gesehen immerhin besser als eine Zufallsaussage.

Meteorologen Marc Senzig/Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2016

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