Gewitter ohne Ende?

Seit mittlerweile 7 Tagen dominieren in weiten Teilen Deutschland die Gewitter. Auch am heutigen Mittwoch wird das nicht anders sein, und selbst in den nächsten Tagen ist vorerst kein Ende der Gewitterserie in Sicht. Ziemlich häufig kam es dabei nach den Warnkriterien des Deutschen Wetterdienstes auch zu Unwettern, sodass bereits seit 6 Tagen seitens des DWD im Rahmen von Youtube Unwetterclips für die Öffentlichkeit produziert und verbreitet werden. Unwetter gab es insbesondere wegen Starkregen, Hagel und Hagelansammlungen, mit teilweise drastischen Auswirkungen bis hin zu leider zu beklagenden Todesopfern.

Für den ersten Teil der Gewitterserie bis zum gestrigen Dienstag zeichnete sich Tief "Elvira" verantwortlich, das sich, begünstigt durch ein auch in mittleren und höheren Atmosphärenschichten vorhandenes, fast stationäres Tief, seit Tagen kaum fortbewegt und uns damit in Deutschland jeden Tag immer wieder mit Blitz und Donner samt unerwünschten Begleiterscheinungen behelligt hat.

Endlich ist "Elvira" nun aber mit westlicher Verlagerung nach Frankreich weitergezogen und löst sich dort allmählich auf. Ein Grund zum Aufatmen ist das für uns aber nicht, denn in ihre Fußstapfen tritt Tief "Friederike". Es verlagert sich heute von Polen her nach Deutschland und bringt die zuvor nach Nordosten abgedrängten feuchtwarmen Luftmassen wieder in die meisten Bereiche Deutschlands zurück. Gleichzeitig wird die derzeit sehr beständige Großwetterlage "Tief Mitteleuropa" (TM), die für den Gewittersumpf mit nur schwachen Luftdruckgegensätzen sorgte und weiterhin sorgt, weiter aufrechterhalten. Da die Luftmassen immer noch ähnlich beschaffen sind wie in den letzten Tagen, muss nun erneut mit teils kräftigen Schauern und Gewittern gerechnet werden, die bei langsamer Verlagerung insbesondere bezüglich Starkregen, Hagel und Hagelansammlungen zum Teil auch wieder lokal eng begrenzt unwetterartig ausfallen dürften (siehe dazu die Grafik der Gewittergefahren in den nächsten Tagen, zu finden unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/6/1.html).

"Friederike" erfährt wie auch schon "Elvira" Unterstützung durch das darüber liegende Höhentief, das mindestens bis Sonntag weiter Mittel- und Westeuropas überdecken wird und somit bis mindestens Sonntag die Gewitterluft bei uns hält. Nach einigen Lösungen der Wettermodelle kann es sogar in der ganzen nächsten Woche mit der Gewittertätigkeit weitergehen, andere setzen jedoch eher auf das Prinzip Hoffnung, verstärken den Hochdruckeinfluss und beenden somit mehr oder weniger die Tiefdruckvorherrschaft.

Nun erreichen uns Meteorologen natürlich immer wieder Fragen, ob das der Klimawandel sei? Dazu ist zu sagen, dass man an solchen Einzelereignissen wie diese mehrtägige Gewitterlage den Klimawandel nicht festmachen kann. Für Aussagen zum Klimawandel werden längere Zeiträume analysiert, häufig z.B. 10-Jahres- oder 30-Jahres-Zeiträume. Allerdings gibt es auch Studien, die besagen, dass die Großwetterlage "Tief Mitteleuropa", mit der wir es aktuell ja zu tun haben, als Folge des Klimawandels 15 bis 20 % häufiger als früher auftreten soll und es damit zu einer Zunahme von Starkregenereignissen kommen könnte. Insofern kann diese gerade auftretende Großwetterlage durchaus ein Hinweis, aber kein Beweis (!) für den Klimawandel sein.

Stellt sich noch die Frage, ob nun der ganze Sommer so wird? Die aktuelle Großwetterlage lässt leider keine direkten Rückschlüsse auf das Wetter der nächsten Wochen oder gar Monate zu. Genauso gut, wie die jetzige Wetterlage sich z.B. in der kommenden Woche ändern kann, ist es auch möglich, dass sie in dem diesjährigen, übrigens heute beginnenden, meteorologischen Sommer immer wieder zurückkehrt und tatsächlich einen "Gewittersommer" einläutet.

Der amerikanische Wetterdienst "National Weather Service" (NWS) der "National Oceanic and Atmospheric Administration" (NOAA) geht in seiner Langzeitvorhersage für den Juni noch von nasseren, im Juli und August jedoch von eher trockeneren Verhältnissen in Deutschland relativ zu dem 30-Jahres-Zeitraum 1981-2010 aus. Würde diese Vorhersage eintreffen, könnte es einen "Gewitter-Juni" geben, während der Restsommer eher vom Hochdruckeinfluss dominiert wird und die Gewitter nicht so zahlreich auftreten. Wichtig hierbei ist zu wissen, dass Langzeitvorhersagen keine Wettervorhersagen sind, sondern nur Wahrscheinlichkeiten z.B. für trockenere oder nassere (bzw. auch wärmere oder kältere) Verhältnisse angeben, so dass hierbei sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.06.2016

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