Orkan "Ingunn" in Norwegen: einer der stärksten der letzten 30 Jahre!


Orkantief "Ingunn" trifft Norwegen hart: Mit Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h war er einer der stärksten Stürme der letzten 30 Jahre.

Teile von Norwegen und Schweden werden seit dem gestrigen Mittwochabend (31.01.2024) von einem auch für dortige Verhältnisse außergewöhnlich starken Winden heimgesucht. Das zugehörige Orkantief, das auf den international gültigen Namen "Ingunn" getauft wurde, rauschte vom Nordatlantik heran und durchlief über der Norwegischen See eine sogenannte "rapide Zyklogenese". Bei dieser explosionsartigen Verstärkung sank der Luftdruck in Zentrumsnähe innerhalb von 24 Stunden um 40 bis 50 Hektopascal und erreichte unmittelbar vor der Küste Mittelnorwegens einen minimalen Wert von etwa 940 hPa. Zum Vergleich: der tiefste, jemals über dem Nordaltantik oder Nordeuropa beobachtete Luftdruck lag schätzungsweise bei 912-913 hPa, allerdings im Kern eines weit draußen über dem Nordostatlantik befindlichen Orkantiefs am 14. und 15. Dezember 1986. Dieser Rekordwert war also nicht in Gefahr. Aber viel entscheidender für die tatsächliche Windentwicklung sind die Luftdruckgegensätze - und die waren besonders an der Südflanke des Tiefs extrem groß.

Je größer die Gegensätze, desto stärker weht der Wind. Entsprechend kam es vor allem entlang des Küstenstreifens zwischen Ålesund und Bodø verbreitet zu extremen Orkanböen über 140 km/h. An besonders windanfälligen Stationen wurden sogar Windgeschwindigkeiten über 180 km/h, im Küstenort Sømna sowie an der schwedischen Bergstation Stekenjokk mehrmals über 200 km/h registriert! Zusätzlich zu den Orkanböen traten zum Teil intensive Regen- und Schneefälle auf. Nach Angaben des europäischen Erdbeobachtungsprogramms COPERNICUS gehört Orkan "Ingunn" damit zu den stärksten Stürmen, die Norwegen in den letzten 30 Jahren getroffen haben.

Das Schadensausmaß lässt sich zurzeit noch nicht abschätzen, zu dünn ist die Nachrichtenlage aus den betroffenen Gebieten. Ersten Berichten zufolge gibt es zahlreiche abgedeckte Dächer, eingedrückte Fensterscheiben und Stromausfälle. Teilweise wurden Autos und sogar Busse von den Straßen geweht. Der Schiffs- und Fährverkehr musste zeitweise eingestellt werden und auch Flughäfen blieben geschlossen. Regulärer Schulbetrieb finden an vielen Orten nicht statt.

Am heutigen Donnerstag zieht "Ingunn" zur Barentssee und schwächt sich ab. Für Skandinavien und besonders Norwegen ist die Sturmgefahr damit aber nicht gebannt. Denn das nächste Sturmtief "Nadine" nimmt unsere nordeuropäischen Nachbarn ab der Nacht zum Samstag erneut ins Visier. Wieder sind Orkanböen möglich, voraussichtlich aber nicht in der extremen Ausprägung wie bei "Ingunn".

(Die Bilder zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)


Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2024

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