Wenn die Wettermodelle an ihre Grenzen kommen, oder: Es gewittert wieder!

Die Wetterberuhigung hielt nur kurz, ab diesem Wochenende sind wieder kräftige Gewitter angesagt. Wann und wo genau sie auftreten, weiß niemand so recht, nicht einmal unsere Wettermodelle. Mehr dazu im heutigen Thema des Tages.

Gerade einmal zwei Tage hielt das ruhige Hochdruckwetter an und schon ist es wieder vorbei... Hoch LOTTE geht die Luft aus und so nutzt Tiefdruckkomplex AREND die Gunst der Stunde und stellt die Wetterweichen in den kommenden Tagen auf kräftige Schauer und Gewitter mit Unwetterpotenzial.

Tja und so kann man jetzt schon die Prognose wagen, dass es in den nächsten Tagen nicht nur Eiskörner, sondern auch Beschwerden hageln wird: "Wo sind denn jetzt eure Gewitter???", "Reine Panikmache!" usw. Häufig ist das der Fall, nachdem eine Vorabinformation vor schweren Gewittern herausgegeben wurde. Sie dient als Hinweis darauf, dass in der betroffenen Region ein erhöhtes Potenzial für die Entwicklung heftiger Gewitter gegeben ist. Wo sie dann aber tatsächlich genau entstehen, weiß man schlicht nicht.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass eine Prognose, wann und wo Gewitter exakt auftreten, im Prinzip nicht möglich ist. Gewitter sind nämlich besonders in ihrer Entstehung sehr kleinräumige Wetterphänomene, die von unseren Wettermodellen nur teilweise aufgelöst bzw. "eingefangen" werden können. Das kann man ganz grob mit einem Fischernetz vergleichen: Je kleiner die Maschen des Netzes sind, desto kleinere Fische kann man fangen. Beträgt die Maschenweite zwischen zwei Knoten z.B. 50 cm, wird man Schwierigkeiten haben, einen Goldfisch zu erwischen. Ähnlich verhält es sich mit den Wettermodellen. Das hochauflösende Wettermodell des DWD (ICON-D2) hat aktuell eine Maschenweite von 2,2 km. Das ist gerade in der Größenordnung eines entstehenden Gewitters. So ist es nicht selten, dass bei Gewittern in einem Stadtteil die Keller ausgepumpt werden müssen, während es im benachbarten Stadtteil trocken bleibt.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt: "Warum erhöht man denn nicht einfach die Auflösung der Modelle auf z.B. 100 m?". Nun ja, einerseits würde dann aufgrund des deutlich höheren Rechenaufwands wohl sogar unser Superrechner die weiße Fahne schwenken. Andererseits gibt es noch weitere Faktoren, die die Wettervorhersage im Allgemeinen und damit auch die Gewitterprognose beeinträchtigen (Messungenauigkeiten, zu geringe globale und regionale Messdichte, notwendige Vereinfachungen in den numerischen Gleichungen eines Wettermodells, usw.).

Mit diesen Einschränkungen Gewitter auf den Punkt genau vorhersagen zu können, würde veranschaulicht gesagt bedeuten, dass man in einem Topf mit aufkochendem Wasser auf den Millimeter und die Sekunde exakt prognostizieren kann, wo und wann sich das erste Luftbläschen am Topfboden bildet und aufsteigt. Ein unmögliches Unterfangen.

Was man dagegen meist recht gut vorhersagen kann, ist zum einen die Region, in der Schauer und Gewitter auftreten können und zum anderen das Potenzial der Luftmasse und die damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Starkregen, Böen und Hagel. Damit lassen sich auch Regionen, in denen beispielsweise das Unwetterpotenzial am größten ist, im besten Fall schon mehrere Tage im Voraus recht zuverlässig eingrenzen.

Am heutigen Samstag muss besonders im Süden, am Sonntag im Südosten und zum Wochenstart auch in den mittleren Landesteilen mit lokalen, unwetterartigen Gewittern gerechnet werden. Wann und wo genau sie entstehen muss jedoch abgewartet werden.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.08.2023

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